31. Mai 2001
Brief über das Ändern

"Wozu soll ich jemandem sagen das ich mich verändere? Wenn ich mich verändere, bleibe ich ja doch nicht der, der ich war, und bin ich etwas anderes als bisher, so ist klar, daß ich keine Bekannten habe. Und an fremde Leute, an Leute, die mich nicht kennen, kann ich unmöglich schreiben."
Zitat aus: Die Aufzeichnungen des Malte Laurids von Rainer Marie Rilke

So lässt Rilke seinen Malte sagen und ich stelle dies an den Anfang meines Briefes an Dich, weil auch du nach dem Ändern fragst. Nichts ist jedoch so schwer zu beantworten, als die Frage, ob man sich verändert hat. Ich verstehe dein Interesse, dass ist es nicht und auch ich denke das mich dieses Land verändert hat, verändert haben muss. Doch wie soll ich dir beschreiben, etwas das ich selbst nur ahne und das sich jedem Spiegel entzieht. Maltes Veränderung scheint radikal und umfassend zu sein, davon bin ich noch entfernt, du wirst mich wieder erkennen, dass ist es nicht. Auch in zwei Jahren werde ich noch zu erkennen sein, dass ist etwas dessen ich mir ganz gewiss bin.
Merkst du, schon wieder und immer noch, fällt es mir leichter zu sagen, was nicht ist, dass hat sich also nicht an mir verändert!
Frag mich bitte nicht, was Laos an mir verändert hat und was einfach die Zeit verändet hat, du würdest mich mit dieser Frage in die Unendlichkeit verbannen. Gerne würde ich in langen Gesprächen mit dir gemeinsam herausfinden, wo ich mich verändert habe, ja, ich kneife!
Mein Verhältnis zur Freundschaft ändert sich. Freundschaft ist mir viel wichtiger geworden, meine Freunde sind Teil meiner Vergangenheit und etwas sehr schönes, dass ich mit in die Zukunft nehmen möchte. Ich bin dankbar um jede Freundschaft, die ich nicht in diesen fünf Jahren verloren habe und ich bin erstaunt wie solide meine Freundschaften sind. Überrascht stelle ich fest, dass ich nicht gedacht habe, dass sie so stark sind, nicht von allen.
Noch etwas fällt mir ein, Sorgen haben die Grösse eingenommen, die ihnen zusteht. Das ist eine Veränderung die ich bei jedem Heimaturlaub spüre, wenn ich deine Sorgen höre. Nicht weil die Menschen hier so arm sind, sie selbst sehen sich nicht so, sondern weil es ihnen darum geht das Herz leicht zu halten und das spüre ich oft, auch wie gut es tut, wenn es selbst mir gelingt.
Das ist eine Veränderung die ich ganz bewusst erkannt habe und ebenso bewusst unterstütze.
Etwas das ich behutsam zu lernen versuche.
Die Dinge brauchen ihre Zeit und es bedarf eines leichten Herzens, ihnen diese Zeit zu geben.
Nenn es asiatische Philosophie, wenn du willst, ich nenne es nicht so, für mich ist es einfach wahr.
Ich habe hier eine Ahnung von dem gefunden, was es bedeutet mit dem Herzen zu sehen, ich glaube dazu musste ich aus Deutschland weggehen!
Diese Gedanken sind noch nicht zu Ende.

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© 2001 Ilona Duerkop