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9. November 2009
Wo warst du heute vor 20 Jahren als in Deutschland die Mauer fiel?
von Ilona M. Duerkop

Diese Frage habe ich vielen Menschen gestellt und ganz einfache, als auch erstaunliche Antworten bekommen. Ich möchte mich bei all jenen bedanken die für mich ihr Gedächtnis geöffnet haben und sich daran erinnert haben. Hier sind die Geschichten die sie mir erzählt haben. Einige Fotografen aus der Fotocummunity haben mir auch ihre Fotos zur Verfügung gestellt. Dafür möchte ich mich bei Andreas Krüger, Dieter Grzondziel/Mr. G, Peter Groth und Reiner Gerlach bedanken. Bei so viel Offenheit würden die Autoren sich über einen Kommentar freuen, diese Möglichkeit gibt es am Ende dieser Seite.

 Andreas Krüger  Vergrößerung des Fotos bei Fotocommunity.

20 Jahre Mauerfall – Mein 9 November 1989 in Berlin

Der 9. November 1989 ist wohl einer der wichtigsten Tage in meinem Leben. Das sich etwas tun wird in der DDR schien nach der großen Montagsdemonstration am 9. Oktober 1989 in Leipzig und den darauf folgenden Veränderungen völlig klar. Das aber so schnell die Mauer fällt konnte man zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen.

In dieser Zeit schaute ich natürlich viel DDR Fernsehen – was sonst kaum vorkam – um zu sehen was passiert. Die Meldung von Schabowski, das die Ausreise über Grenzübergansstellen der DDR möglich ist, nahm ich relativ gelassen auf. Ich dachte na nun können alle, die ausreisen wollen dies problemlos tun.

Eine Stunde später dann im ZDF die Bilder von drängelnden Menschen an der Grenze in Berlin. Das änderte mit einem Schlag alles. Ich dachte nur noch, da musst Du dabei sein. Das musst Du erleben. Wenn die wirklich die Grenzen aufmachen ist das so ein einmaliges Ereigniss, da kann man doch nicht fehlen!

Ja, und wie nun? Ich hatte kein Auto und kein Telefon. Also aufs Fahrrad und ein paar Kilometer durchs nächtliche Leipzig zu meinen Eltern gefahren. Wir lagen uns mit Freudentränen in den Armen und haben erst mal eine Flasche Sekt geöffnet. Ja und dann hab ich mir den Trabbi meiner Eltern geliehen und ab ging’s nach Berlin. Kurzer Tankstopp noch an irgendeiner Tankstelle auf der Autobahn und dann kam der Grenzübergang Drehwitz langsam näher.

Es war unheimlich. Ich weiß nicht was da zwei drei Stunden vorher los war, aber es lagen Motorräder am Rand der Fahrbahn und verlassenen Autos standen einfach so in der Gegend rum. Ich wusste nicht was da passiert sein mochte und bekam schon etwas Angst. Ich hatte nicht mal ein Autoradio und wusste nicht was inzwischen los war. Grenze nicht offen? Panzer aufgefahren? Alle verhaftet. Ich hätte dem Regime alles zugetraut! Aber es gab kein Zurück, und schon war der Grenzübergang zu sehen.

Plötzlich war alles wie in einer anderen Welt. Freundliche Grenzer – die einen sonst sogar an der Grenze in die Tschechoslowakei grimmig anknurrten – keine Kontrolle und lauter Leute die jubelnd und hupend über die Grenze fuhren. Die Grenzer wollten nicht mal in meinen Ausweis schauen. Das ich ihn in der Hand hielt reichte völlig aus. Es war unglaublich!!

Für viel Gefühl war ich viel zu aufgeregt. Die Tränen kamen erst als ich auf der Awus plötzlich den beleuchteten Funkturm vor mir sah. Es war überwältigend!! Ich musste dann erstmal auf einem Parkplatz anhalten. Dort traf ich einen netten Menschen aus Osnabrück, der meinte – lass Deinen Trabi hier stehen wir ziehen gemeinsam durch Berlin. Das haben wir dann auch gemacht.

Es war “Wahnsinn” diese Nacht und den nächsten Tag inmitten dieser vielen begeisterten Menschen aus Ost und West zu erleben. Das hat sich tief ins Gedächtniss eingebrannt und ich gebe zu das mir heute immer noch die Tränen kommen wenn ich darüber erzählen soll.

Tja noch so nebenbei… Ich habe mir auch ein kleines Stück aus der Mauer am Brandenburger Tor gepickert. Und habe höllische Angst gehabt das mit nach Hause zu nehmen. Zu gross war die Unsicherheit das sich alles wieder dreht und die Bonzen sich doch auf eine gewaltsame Lösung besinnen. Oder zumindest auf eine mit Repressalien. Beschädigung der Grenzanlagen des sozialistischen Schutzwalls… das hätte einige Jahre Zuchthaus bringen können. Und ich habe von Westberliner Seite aus vorsichtig einen Offizier der Grenztruppen gefragt ob ich auch wirklich wieder zurück in die DDR kann, wenn ich will. Ja so eine Unsicherheit hatte man uns eingetrichtert.

Es war eine großartige Nacht und ein großartiger Tag, damals in Berlin. Einer der wichtigsten in meinem Leben!
Mit freundlicher Genehmigung Andreas Krüger und Kunstkeim das Online Magazin für Fotografie, Design und Szene

 Janett aus Leipzig   Wie es kam das ich am 9. November 1998 in West-Berlin war. 

Wenn ich an den 9. November 1989 denke, bekomme ich heute noch eine Gänsehaut.

Schon die Monate und Wochen vorher gehören zu den intensivsten Erlebnissen in meinem Leben. Im Oktober 1988 waren meine Eltern nach einer Besuchsreise in die BRD nicht zurückgekehrt. Nach dem ersten Schock blieb mir nur eine Wahl! Nachdem auch einigen meiner Freunde die Ausreise gewährt wurde stellte ich im April 1989 einen Ausreiseantrag.

Meine letzte Urlaubsreise unternahm ich nicht – wie viele andere in diesem Sommer – nach Ungarn, sondern in die Sowjetunion. Ich buchte das erste Mal in meinem Leben eine Reise über ein Reisebüro in die kaukasischen Republiken. In Tiblissi lernte ich bei der Besichtigung einer Ausgrabungsstätte einen Westberliner kennen. Es war Liebe auf den ersten Blick und für mich war es nun noch klarer, dass ich die DDR verlassen wollte.

Deshalb stellte ich neben meinem Ausreiseantrag noch einen Antrag auf Besuchsreise zum 85. Geburtstag meines Opas. Bis heute weiß ich nicht warum, aber dieser Antrag wurde mir genehmigt. So war ich Mitte Oktober im Schwarzwald und sah nach einem Jahr meine Eltern wieder und meine ganzen anderen Verwandten, die ich teilweise seit Jahren nicht mehr gesehen hatte.

Natürlich war mein Freund bei der Geburtstagsfeier auch mit dabei. Er kam mit einem Flugticket und einer Einladung zur Hochzeit seines Bruders, am 9. November in Westberlin. Ich war sehr aufgeregt, hatte ich doch erst seit 2 Wochen einen bundesdeutschen Pass und nun überquerte ich per Luftlinie meine alte Heimat. Dann Westberlin: Das erste Mal sah ich die Mauer von der anderen Seite - die vielen bunt bemalten Sprüche und Bilder. Wie lange würde es diese Mauer noch geben?

Am Abend des 9. November wurde die Hochzeit in einem arabischen Restaurant gefeiert. Gegen 22 Uhr kam ein junger Mann herein gestürzt und sagte: „Die Mauer ist offen!“ Wir konnten es nicht glauben, aber dann schaltete der Wirt das Radio ein und die Aussage bestätigte sich. Was danach passierte, kann ich nicht mehr genau sagen. Wie im Trance gingen wir hinaus auf die Straße Richtung Kochstrasse. Die Menschen strömten uns entgegen, betrunken vor Glück mit Sektflaschen in den Händen. Es war ein wahnsinniges Gefühl von Freiheit und Erlösung und Verbundenheit!
Janett aus Leipzig

 Babette Schleiden 

Ich war zu Hause und habe im Fernsehen alles beobachtet. Wie Genscher gesagt hat, dass sie alle gehen können und das es die DDR nicht mehr gibt.

 Wolfgang 

Am 10. November 1989 kam der indonesische Zeitungsjunge schon von weitem her rufend mit der englischsprachigen "Jakarta Post" auf mich zugelaufen, und rief: „Die Mauer in Berlin ist gefallen, die Mauer in Berlin ist offen!“

Ich lebte 1989 auf der Insel Java in Indonesien, der Junge kannte mich gut, er wusste, dass ich aus Deutschland stamme, und wir hatten unter anderem einmal über die Teilung Deutschlands, die Teilung Berlins gesprochen. Er war sehr interessiert. Er sprach ein bisschen englisch. Ich ein bisschen Bahasa Indonesia, wir konnten kommunizieren, er brachte mir jeden Tag die Zeitung.

Zuerst dachte ich, OK, ein Artikel über Berlin, über die Mauer in der "Jakarta Post", da hat er sicher was falsch verstanden. Meine erste Reaktion, meine ersten Gedanken, waren Ungläubigkeit, absurd, unmöglich. Ich hatte das ganze Jahr 89 nicht wirklich viel über die Vorkommnisse in der DDR, in Ungarn, in der Tschechoslowakei oder der UDSSR mitbekommen. Die zunehmenden Proteste, Freiheitsbewegungen, das Aufbegehren und die schwindende Angst. Die Grenzöffnungen im Ostblock und die Prager Botschaftsgeschichte! Das war für mich damals alles sehr, sehr weit weg.

Beim Lesen des Artikels bin ich dann aufgewacht. Der Zeitungsjunge, hatte den Kern richtig erfasst. Ich ging sogleich nachhause. An der Südküste Javas gab es damals kein Internet, kein Handy. Ich stellte meinen kleinen Weltempfänger ein und hörte die deutsche National-Hymne im Radioprogramm der Deutschen Welle. Da wusste ich, OK, es muss etwas Entscheidendes, Großartiges passiert sein. Ich hörte dann lange, lange Radio....

Am eigentlichen Tag, dem 09. November 1989, bin ich vermutlich abends lecker javanisch essen gewesen, habe nichts gewusst, nichts geahnt. Habe den sogenannten Fall der Mauer schlicht verschlafen in weiter Entfernung von Berlin.

Und wie der Zufall es so einrichtet, habe ich jetzt den 20sten Jahrestag hier in Phnom Penh sehr intensiv und sozusagen nachholend erlebt durch das 24stündige Sonderprogramm von Deutsche Welle TV, und habe viele Momente dieses Tages der Freiheit, einer friedlichen Revolution, des Glücks der Gewaltlosigkeit sozusagen zeitversetzt nachholen können. Habe jetzt diese Nacht, wieder weit entfernt von Berlin, durchgemacht und mich an vielen Zeitdokumenten, Interviews und der Feier am Brandenburger Tor erfreut. Ich habe den verschlafenen 09.11.89 am 09.11.2009 für mich persönlich nachgeholt!
Wolfgang

 Peter Grzondziel / Mr. G  Vergrößerung des Fotos bei Fotocommunity.

Tage des ungetrübten Glücks

Am Abend des 9. November 1989 lief ein wichtiges Europapokalspiel im Fußball. Es war nach 23 Uhr und ich war eigentlich schon fertig um ins Bett zu gehen. Ich zappte bevor ich den Fernseher ausschaltete noch mal rum. Und da waren sie, die Bilder der Menschen die an der Bornholmer Str. in den Westen drängten. Zum Glück begriff ich sofort die historische Dimension. Also zog ich mich wieder an, lief zum Geldautomaten und nahm dann die nächste Taxe die ich finden konnte.

Wir fuhren in Richtung Brandenburger Tor, doch schon weit vorher waren die Straßen total verstopft. Und so ging ich zu Fuß weiter. Ich ging zum Grenzübergang Sandkrugbrücke. Hier hatte sich eine große Menge Menschen bereits angesammelt. Der regierende Bürgermeister von Berlin Walter Momper stand auf einem Container und versuchte mit einem Megaphon Ordnung in die euphorische Menge zu bekommen. Was ihm natürlich nicht besonders gelang.

Die Trabbis quollen durch den geöffneten Kontrollpunkt. Die „Westberliner“ begrüßten sie mit heftigem Klopfen auf die Autos. Bestimmt hatten einige Fahrer Angst um ihr Auto. Es war eine Stimmung ungetrübter Freude. Niemand konnte sich der Freude und dem Glück entziehen, außer vielleicht die vom Glauben abfallenden Grenzsoldaten. Mit denen die ohne Auto kamen fuhr ich dann zum Kurfürstendamm.

Schon in der S-Bahn umarmten sich wildfremde Menschen. Am Ku – Damm war inzwischen eine riesige Party im Gange. Ich erinnere mich noch genau an zwei unvergessliche Episoden. In den Ku – Damm bog ein Bus ein, der die Wodka Werbung von Gorbatschow trug und schon erklangen die nicht endenden Rufe „Gorbi, Gorbi“.

Doch noch schöner war, als ein Jaguar an der Ampel zu halten kam und ein „Ossis“ fragte ob er mal einsteigen dürfe. Der Fahrer sprang aus dem Wagen und öffnete alle vier Türen und ein paar Glückliche konnten den Geruch der Ledersitze genießen. Sicher wird es für die ein unvergessliches Erlebnis gewesen sein. Aber es gab nicht nur die Party Leute, viele drückten auch ihre Nasen platt an den Geschäften mit ihren üppigen Auslagen.

Ich war auch ein bisschen für die Familienzusammenführung verantwortlich. Der eine bekam Geld um die Verwandten anrufen zu können, den Anderen brachte ich zu einer Adresse nahe dem Ku – Damm. Ich glaube ich war so gegen halb 4 morgens zu Hause.

Noch heute, zwanzig Jahre danach, kann ich meine Emotionen kaum in Zaum halten wenn ich daran denke. Ich bedaure jeden in diesem Land der die Mauer zurück haben will. Er hat nichts begriffen, vor allem nicht das eine Mauer mitten durch eine Stadt, durch ein Land wohl die größte Tyrannei ist.
Peter Grzondziel / Mr. G

 Jörg Liebe  BLOG - www.gurkenscheibe.de

Verschlafen

Peinlichst berührt muss ich gestehen – ich war zu Hause! Nicht in Berlin, nicht sonst wo auf der Welt. Kein Jubel umgab mich, kein Händeschütteln oder gar auf die Schulter geklopfe. Nichts !

Ich hab es schlicht und ergreifend verpennt. Den Mauerfall, Schabowskis Zettel samt Pressekonferenz, die Jubelgesänge im Bundestag, die nächtlichen Reportagen – Alles. Denn vor 20 Jahren, da hatte ich wohl Radio, ja auch ein Fernseher stand zur Verfügung. Aber ich zog es damals vor ein Buch zu lesen und mich dem Genuss meiner zahlreichen LP´s hinzugeben. Und da mich keiner, auch der “alte Herr” nicht, anrief um mich mal auf Trab zu bringen, hat´s mich dann am nächsten Tag früh morgens um 06.00 Uhr kalt beim Aufstehen erwischt!

Nun stellen Sie sich mal vor Sie werden schon beim Wachwerden so vor solch weitreichende Tatsachen gestellt. Mein erster Gedanke war, man möge es mir verzeihen, “Oh Sch…., das wird (West)Deutschlands Ruin, der kapitalistische Sieg des Sozialismus”.

Ich muss aber auch gestehen, dass mir im Laufe des Tages, nach fröhlich aufgeregten Telefonaten mit Familienmitgliedern und dem Bewusstsein, nun mit dem Moped den Onkel “drüben” besuchen zu können schon das Wasser in den Augen stand. Dieser Onkel war als Rentner nämlich viele viele Jahre zuvor mal in Wesel, ich war da wohl knapp 14 Jahre alt. Und im jugendlichen Überschwang hab ich damals, ich erinner mich immer noch genau, auf ein großes Moped gezeigt und verlauten lassen, dass ich, sobald ich denn könne Ihn mit so einem Geschoss besuchen würde. Und dieser Onkel, den ich in den folgenden Jahren sehr schätzen und lieben lernte, der erinnerte sich doch all die Jahre später noch daran.

Ich war mit meinen BMWs dann oft, ganz oft drüben!
Jörg Liebe

 Foto von Peter Groth  Vergrößerung des Fotos bei Fotocommunity.

 Anna, Jg. 1941 lebt seit 1981 in USA 

Ich habe wenig von allem mitbekommen, sowohl diesmal, als auch vor 20 Jahren.

Damals hörten und sahen Thomas (mein amerikanischer Mann) und ich in den 18 Uhr Nachrichten, wie die Ostberliner in den Westen strömten und Thomas und ich waren voller Emotionen, die sich bei uns beiden in Tränen entlud.... und irgendwie konnten wir das auch alles gar nicht "fassen".

Hätte mich jemand danach gefragt, ob und wann es eine Wiedervereinigung geben könne, hätte ich geantwortet, dass ich diese zu meinen Lebzeiten nicht für möglich halte. Wieder einmal hat das Leben überrascht.

Sehr bald kamen bei mir am nächsten Morgen die Gedanken und es regte sich auch eine leise Besorgnis darüber, was werden wird, wenn zwei Wirtschaftssysteme mit dieser Vehemenz und so unerwartet aufeinanderstoßen und ich befürchtete damals viele Schwierigkeiten, von denen sich Einige dann auch zeigten, Andere sich jedoch schneller aus dem Weg räumen ließen, als ich es für möglich gehalten hätte.

In meinem Umfeld hatte ich damals weder Verwandte noch Freunde in der DDR oder in Berlin und alles was ich über den Alltag in Ost Deutschland wusste erfuhr ich aus den Medien und aus den wenigen Zeitungsartikeln. In der Zwischenzeit habe ich Menschen getroffen, die in der DDR lebten, immer noch dort leben oder dort hingezogen sind.

Diese Begegnungen waren für mich hauptsächlich durch das Internet möglich. Viele Kontakte ergaben sich über eine Gruppe deutschsprechender die im Ausland leben. Erst vor wenigen Wochen besuchte ich eine meiner Cyberfreundinnen, die ich seit ca. 8 Jahren kenne, seit sie und ihr Mann nach Oregon gezogen sind. Sowohl sie, als auch ihr Mann stammen aus Ost Deutschlands und waren beide Teenager, als die Wende kam. Wir haben nicht direkt über die Wende gesprochen, aber ohne diese wären sie wohl nie in USA "gelandet".

Vom 20. Jahrestag selbst habe ich wenig mitbekommen. Ich schaue so gut wie nie fern, hatte an diesem Abend meine amerikanische Freundin Barbara zum Abendessen eingeladen und kam deswegen nicht einmal dazu, mir meine "übliche" Nachrichtensendung anzusehen. Am Morgen hatte ich jedoch meine tägliche Nachrichtendosis bei "Spiegel online", sowie auf der Webseite der "New York Times". Ich habe an diesem Tag jedoch keine Videos gesehen und mir auch nicht die Tagesschau oder mir irgendwelche anderen deutschen Sendungen angeschaut, die ich über den Computer hätte finden können.

Barbara und ich unterhielten uns an diesem Abend zwar ueber diesen Jahrestag, landeten jedoch bald bei ihrem einzigen Deutschlandbesuch, als sie - ein paar Jahre nach der Wende - -mit ihrem Kirchenchor- in der ehemaligen DDR war. Sie wohnten zum Teil bei Familien und waren damals u.A. auch in Berlin und Dresden. Barbara meinte, dass sie gerne wissen würde, wie es jetzt dort wohl aussähe und wie und was sich alles verändert hätte - sie habe den Osten als sehr "grau" in Erinnerung.
Anna, Jg.1941 seit 1981 in USA

 Susanne Alck aus Phnom Penh / Kambodscha   www.kadeku.de 
Vor 20 Jahren, während die Mauer fiel, war ich im Kino.

Ich bin direkt nach der Arbeit hingegangen, eine anstrengende und einsame Angelegenheit in einer Filmproduktion und ich wollte mich einfach entspannen. Im Kino lief irgendwas mit Julia Roberts und außer mir waren nur zwei andere Zuschauer interessiert. Erst als ich nach Hause kam und die Nachrichten einschaltete, merkte ich, was ich verpasst hatte und das tut mir bis heute ein bisschen leid.

 Bernhard Heiser  http://www.asiaphoto.de

Ich habe grade mal meine alten Kalender raus gekramt. Am 9.11.1989 gibt es keinen besonderen Eintrag, außer dass ich um 15:30 Uhr beim Zahnarzt war.

Es war meine Studentenzeit in Aachen, am Abend zuvor hatten wir Etagenfete im Studentenwohnheim "Hilton". Ich erinnere mich, dass ich den Abend am Fernseher verbracht habe und die Dinge verfolgt habe, aber zu der Zeit hatte ich zu Berlin noch keinen besonderen Bezug. Später habe ich 6 Jahre dort gelebt und es war eine sehr spannende Zeit, auch durch die vielen Kontraste zwischen Ost- und Westberlin.
Bernhard Heiser

 Foto von Reiner Gerlach  Vergrößerung des Fotos bei Fotocommunity.

 Christine Hacker 

Es gibt zwei historische Tage, von denen ich noch genau weiß, was ich damals gemacht habe. Das eine ist der 11. September 2001, das andere der Mauerfall.

Damals war ich 18 und noch in der Schule, 13. Klasse. Interessanterweise waren wir Wessis im September 89 zu einer Klassenfahrt in der DDR gewesen. Eisenach, Weimar und Erfurt. Damals passierten ja in der DDR auch schon revolutionäre Dinge, aber es war nicht vorstellbar, wie es weitergehen würde.

Die offizielle DDR, die uns gezeigt wurde, erweckte den Eindruck, sie würde für immer bestehen bleiben. Ich hatte damals aber auch noch Anderes im Kopf: Meine Mutter war nach einem Unfall noch nicht wieder ganz fit, und deswegen meine Oma bei uns. Außerdem war ich noch nicht so lange mit meinem Freund zusammen und verliebt.... Ich glaube, am 9.11.89 bin ich einfach ganz normal abends schlafen gegangen und habe gar nichts mitbekommen!

Am nächsten Morgen - ich hatte spät Schule und konnte in Ruhe frühstücken - las ich wie immer die Zeitung von hinten und hatte immer noch nicht mitbekommen, dass da etwas Revolutionäres passiert war. Erst als ich während des Lesens hörte, wie meine Oma meiner Mutter erzählte, was im Radio berichtet wurde - dass in Berlin die Leute auf der Mauer tanzen, u.s.w. - wurde mir klar, dass da nun WIRKLICH was Wichtiges passiert ist. Ich war aber zu cool, um davon berührt zu tun und tat so, als wäre mir das alles gar nicht neu und versuchte, die Zeitung einfach weiter zu lesen. Aber das war dann doch der Schnelldurchgang, weil ich endlich auf der ersten Seite landen wollte, wo die Sensationsmeldung dann auch stand.

Wir wohnten damals im Schwarzwald, nahe der Grenze zu Frankreich und der Schweiz. Weiter weg von Berlin kann man in Deutschland nicht wohnen! Es kam also gar nicht in Frage, da mal schnell hinzufahren, auch der nächste DDR-Grenzübergang war ewig weit weg.

So bin ich also einfach ganz normal zur Schule gegangen. Abends war ich mit meinem Freund fürs Kino verabredet. Ich weiß noch, dass ich vorm Losgehen zuhause die ganze Zeit fern gesehen habe, und als wir dann in der Stadt waren, haben wir uns die Zeit vor und nach dem Film auch damit vertrieben, im Schaufenster die Fernsehnachrichten anzugucken.

Das mit dem nach Berlin fahren habe ich dann bei der nächsten Gelegenheit, zwei Monate später, nachgeholt. Und am Tag der Einheit, 3.10.90, habe ich schon in Berlin gewohnt - für die nächsten 18 Jahre.
Eine spannende Zeit!
Christine Hacker

 Petra aus Italien 

Ich war damals 22, studiert Slavistik in HH wohnte direkt an der Grenze. Auch ich habe damals die ganze Reichweite nicht begriffen bzw. nicht begreifen wollen. Ich sah mir alles im Fernsehen an und kann mich auch noch daran erinnern, dass eine Freundin mich anrief. Ich wohnte in HL in Bahnhofsnähe und sie in der Innenstadt.

Da kamen dann von überall her Trabis angefahren, die Leute gingen mitten in der Nacht im Zentrum spazieren. Egal ob Ost- oder Westdeutsche, alles traf sich in der Fußgängerzone. Die Westbürger legten Bananen, Schokolade und Geld auf die Trabis...wildfremde Menschen luden Ostbürger zu sich nach Hause ein.... Es war ein Tumult, den ich so gar nicht nachvollziehen konnte....Ich glaube, ich war noch zu unreif und zu jung, um das Ausmaß so richtig zu begreifen. Jetzt, nach 20 Jahren, wird mir erst so richtig klar, was da eigentlich passiert ist damals, vor 20 Jahren.

Vor 20 Jahren nervte einfach nur, dass es wochenlang fast unmöglich war, einkaufen zu gehen. Die Regale im Supermarkt waren leergefegt. Die Menschen kamen aus dem Osten, um in HL einzukaufen und es kam auch vor, dass jemand einem was aus dem Einkaufskorb nahm, mit der Begründung „Darauf haben wir 40 Jahre gewartet.“

Ich empfand diese Situation damals als ätzend, nervig und konnte diese Art von Aussage überhaupt nicht nachvollziehen. Erst im Laufe der Jahre ist mir klargeworden, welch eingeschränkte Freiheit bzw. Unfreiheit es im Osten gab.

Gerade nun zum 20. Jahrestag des Mauerfalls gab es am Mo. und Die. im ital. Pay-TV einen 2-Teiler mit dem Titel „The last days". Ein deutscher Spielfilm. Natürlich handelte er vom Mauerfall und ich hab ihn mir im dt. Original ansehen können. Gleich am Anfang wird eine Szene gezeigt, in der zwei junge Männer versuchen,

Über die Mauer in den Westen zu flüchten. Einer wird dabei von Grenzsoldaten erschossen.

Ich hab mich richtig schlecht gefühlt, als ich diese Szene sah, denn irgendwie kam sie mir vor wie ein Schlüsselerlebnis, das da mit einem Mal so ein ganzes Puzzle zusammensetzt, dass ich vielleicht bewusst oder unbewusst nie so ganz zusammen hab sehen wollen. Dann gab es Szenen mit Verhörmethoden der Stasi, bei der eine Mutter richtigem Psychoterror ausgesetzt wurde, damit sie endlich die "Staatsfeinde" verrät!
Petra aus Italien

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